Meinungsartikel zur Verschärfung des Geldwäschereidispositivs

Zwischen Anspruch und Ausnahmen: Die Schwächen der geplanten Geldwäschereireform

Die Schweiz steht an einem weiteren wichtigen Punkt in ihrer Geldwäschebekämpfungspolitik. Mit der geplanten Verschärfung des Geldwäschereidispositivs will der Bundesrat zwei zentrale Massnahmen umsetzen: die Einführung eines Transparenzregisters der wirtschaftlich Berechtigten an juristischen Personen und die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Geldwäschereigesetzes (GwG) auf Berater*innen. Das Ziel: Schlüsselinstrumente der Geldwäschereibekämpfung gesetzlich verankern, den Finanzplatz stärken und damit zentrale Anforderungen der Financial Action Task Force (FATF – internationale Organisation gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung) erfüllen. Doch die laufende parlamentarische Debatte stellt den tatsächlichen Reformwillen infrage und politische Kompromisse gefährden die verbesserte Wirksamkeit des Geldwäschereidispositivs.

Die problematische Richtigkeitsvermutung für das Transparenzregister

Undurchsichtige Strukturen bei juristischen Rechtsträgern sind ein globales Problem in der Geldwäschereibekämpfung. Durch den missbräuchlichen Einsatz juristischer Personen wird die Identität derjenigen Personen verborgen, die tatsächlich die Kontrolle über Vermögenswerte ausüben. Kriminellen wird so der Zugang zum internationalen Finanzsystem erleichtert. Die FATF hat ihre Anforderungen an die Transparenz über wirtschaftlich Berechtigte an juristischen Personen und Trusts verschärft. Die aktuelle Schweizer Regelung genügt diesen Anforderungen nicht mehr. Deshalb schlägt der Bundesrat ein neues eidgenössisches Register der wirtschaftlich berechtigten Personen von juristischen Personen vor.

Während der ursprüngliche Entwurf des Bundesrats die Einträge durch die Rechtseinheiten in das Transparenzregister als deklaratorisch einstufte, enthält der aktuelle Entwurf des Ständerats für diese eine so genannte Richtigkeitsvermutung. Diese bedeutet, dass Einträge im Transparenzregister grundsätzlich als korrekt gelten, obwohl sie lediglich auf einer deklaratorischen Eigenangabe der Rechtseinheiten beruhen. Eine behördliche Kontrolle soll nur risikobasiert und stichprobenartig erfolgen. Dies wird keinesfalls ausreichen, um die Korrektheit der Daten sicherzustellen. Darüber hinaus ist die Formulierung des Gesetzes in der aktuellen Version irreführend. Auch eine Richtigkeitsvermutung würde die Finanzintermediäre nicht von ihren Pflichten zur Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten entbinden. Die Vorgaben aus der Verschärfung des Geldwäschereigesetzes im Jahr 2023 bleiben bestehen. Aus diesen Gründen muss die Richtigkeitsvermutung wieder aus dem Gesetz gestrichen werden.

Die Schattenseiten der geplanten Ausnahmen

Die FATF fordert eine transparente Erfassung der wirtschaftlich Berechtigten aller juristischen Personen und juristischen Konstrukte (z.B. Trusts), da unterschiedliche Rechtsformen aufgrund von spezifischen Eigenschaften für illegale Aktivitäten missbraucht werden können. Während die EU weitere Verschärfungen für Rechtsträger betreffend der Transparenz für die Erfassung der wirtschaftlichen Berechtigten einführt, plant die Schweiz weitreichende Ausnahmen. Gemäss der aktuellen parlamentarischen Diskussion sollen Stiftungen und Vereine von der Eintragungspflicht in das Transparenzregister ausgenommen werden – obwohl die Vorlage eine klare und leicht umsetzbare Regelung nach FATF-Standards enthält. Zudem sollen Treuhandverhältnisse keinen Transparenzanforderungen unterliegen. Die Schweiz gehört aber zu den wichtigsten Standorten für Philanthropie weltweit und weist eine der höchsten Konzentrationen von Angeboten für treuhänderische Dienstleistungen aus. Stiftungen und Vereine verwalten Milliardenbeträge in der Schweiz. Der Mangel an wirksamer Aufsicht und intransparente Eigentümerstrukturen begünstigen potenziellen Missbrauch zur Verschleierung wirtschaftlicher Berechtigter oder zur Übertragung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte.

Im Gesetzesentwurf sind Trusts erst gar nicht von der Verpflichtung zur Eintragung des wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister vorgesehen. Zudem ist die Definition der wirtschaftlich Berechtigten unzureichend, da sie die wahren wirtschaftlich Berechtigten von Sitzgesellschaften nicht erfasst. So können die wahren Eigentümer risikoreicher Sitzgesellschaften und Trusts weiter verborgen bleiben. Nebst den Panama- und Pandora-Papers bestätigte die interdepartementale Koordinationsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (KGGT) mehrfach, dass Sitzgesellschaften und Trusts die grössten Geldwäschereirisiken darstellen. In der Schweiz sind diese Rechtsträger in nahezu der Hälfte der Verdachtsfälle in Korruption und Geldwäscherei verwickelt, die den hiesigen Behörden gemeldet werden.

Für die Erfüllung des Gesetzeszweckes, die für eine wirksame Geldwäschereibekämpfung erforderliche Transparenz zu schaffen, ist es daher unerlässlich, dass die wirtschaftlich Berechtigten aller juristischen Personen des Schweizer Privatrechts (inkl. Stiftungen und Vereine) und alle juristischen Konstrukte (Trust und Sitzgesellschaften) in einem Transparenzregister erfasst werden. Zudem sollen Transparenzanforderungen verhindern, dass Treuhandvereinbarungen missbraucht werden und Kriminelle sich hinter Personen verstecken können, die in ihrem Namen handeln. Damit sollen entscheidende Lücken im Geldwäschereidispositiv geschlossen werden.

Der Balanceakt zwischen Berufsgeheimnis und Verantwortung

Ein besonders sensibler Aspekt der Reform betrifft risikobehaftete Beratungstätigkeiten, die von der FATF als anfällig für Geldwäscherei eingestuft werden und künftig dem GwG unterstellt werden sollen. Betroffen sind u.a. die Planung und Durchführung eines Geschäfts im Zusammenhang mit folgenden Sachverhalten: Verkauf oder Kauf eines Grundstücks oder die Gründung oder Errichtung einer Gesellschaft, einer Stiftung oder eines Trusts. Die Enthüllungen der Panama- und Pandora-Papers haben deutlich gemacht, dass Schweizer Akteure in grossem Stil derartige problematische Dienstleistungen erbringen, um die Herkunft von Geldern und ihre wahren Eigentümer zu verschleiern. Die Einführung von Sorgfalts- und Meldepflichten für Beraterfunktionen in der Schweiz wird von den FATF bereits seit geraumer Zeit gefordert. Nach einem gescheiterten Versuch 2021, weist der aktuelle Entwurf jedoch akute Defizite auf. Was als weitreichende Massnahme gilt, hat in Wirklichkeit nur begrenzte Wirkung, denn nur Anwält*innen, die im Namen oder im Auftrag ihrer Kundschaft eine Finanztransaktion durchführen (und die nicht den Status eines Finanzintermediärs haben, weil ihre Aktivität nicht den entsprechenden Erfordernissen entspricht), müssen Meldung bei Geldwäschereiverdacht erstatten. Damit diese so genannten «Gatekeeper» Funktionen jedoch ihre tatsächliche Wirkung entfalten können, muss die Meldepflicht für Anwält*innen und Notar*innen auf alle risikobehafteten Beratungstätigkeiten angewendet werden. Zudem ist es zwingend, dass sie bei solchen Meldungen ausreichend vor möglichen negativen Konsequenzen geschützt werden.

Das Berufsgeheimnis von Anwält*innen und Notar*innen ist ein essenzielles Prinzip des Rechtsstaats und gewährleistet den Schutz von Mandantenbeziehungen. Gleichzeitig darf es nicht dazu missbraucht werden, illegale Handlungen zu verschleiern. Wenn Klient*innen die Dienstleistungen von Anwält*innen und Notar*innen mit dem erkennbaren Zweck der Geldwäscherei beanspruchen, handelt es sich um ein zukünftiges Delikt, das mithilfe dieser begangen werden soll. Der gesetzliche Vertrauensschutz Klient – Anwalt (bzw. Notar) ist bei derartigem Verhalten von der ratio legis des Berufsgeheimnisses jedoch nicht erfasst. Dementsprechend ist es allgemein anerkannt, dass das Anwaltsgeheimnis oder die berufliche Schweigepflicht Anwält*innen nicht davor schützt, wissentlich das illegale Verhalten von Mandant*innen zu begünstigen. Anwält*innen und Notar*innen sollten im Rahmen der Erbringung der Dienstleistungen, die neu dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden sollen, entsprechend bei begründetem Geldwäschereiverdacht – unter Berücksichtigung ihres Berufsgeheimnisses – konsequent einer solchen Meldepflicht unterliegen. Sonst wird gerade für die wichtigsten Akteure eine Gesetzeslücke und ausserdem eine Ungleichbehandlung mit den anderen Akteuren geschaffen, für die eine Meldepflicht gilt. Diese Regelung ist international bereits erprobt; sie bildet etwa in Deutschland, Frankreich und Grossbritannien geltendes Recht.

Zudem hat das Parlament einen neuen Vorschlag ausarbeiten lassen, wonach ausschliesslich die Kernrisiken risikobehafteter Beratungstätigkeiten dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden sollen. Die in der aktuellen Vorlage aufgeführten Beratungstätigkeiten entsprechen den Empfehlungen der FATF. Wird der Anwendungsbereich dieser risikobehafteten Tätigkeiten jedoch weiter eingeengt, besteht die Gefahr, dass die angestrebte Reform zur Stärkung des Geldwäschereidispositivs weiter abgeschwächt wird. Dies würde nicht nur die Wirksamkeit der Massnahmen erheblich mindern, sondern auch der Integrität und dem Ruf des Schweizer Finanzplatzes sowie den hiesigen Rechtsberufen schaden.

Die kommenden Massnahmen zur Verstärkung der Geldwäschereibekämpfung werden entscheidend sein, um bei der nächsten FATF-Länderevaluation 2027/2028 ein überzeugendes Gesamtbild abzugeben. Mit der geplanten Revision des Geldwäschereigesetzes und dem neuen Gesetz zur Einführung eines Transparenzregisters muss die Schweiz ein klares Signal an die internationale Gemeinschaft senden, dass sie ihre Verantwortung im Kampf gegen Geldwäscherei ernst nimmt.

26.03.2025 – Transparency International Schweiz, Katja Gloor, Geschäftsstellenleiterin ad interim